Wolfram Linke
Pressesprecher
Wolfram Linke ist Pressesprecher des GVP. Davor arbeitete er 15 Jahre als Pressesprecher beim Vorgängerverband „iGZ“ und 18 Jahre als Redakteur bei einer Tageszeitung. Er hält regelmäßig Fachvorträge zum Thema Medien. Linke ist zertifizierter Online-Redakteur, Certified Microsoft Technology Associate (Windows und Netzwerke) und hat weitere Microsoft- sowie Adobe-Zertifikate. Seit 2014 ist er Vorsitzender des Pressevereins Münster-Münsterland.
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„Zeitarbeit bei Rekrutierung Drittstaatsangehöriger berücksichtigen“
Positive Nachrichten brachte MdB Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen und Bundesvorsitzender der FDP, mit zum Tag der Personaldienstleister in Berlin. Vor 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stellte er in seiner Keynote fest: „Die Auslandsrekrutierung wird in den nächsten Jahren eine wachsende Bedeutung haben. Wir werden die Einwanderung verstärken müssen. Gerade die Zeitarbeitsbranche ist eine echte Expertin in der Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften, und es war eine schwere Unterlassung, dass beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften die Zeitarbeit nicht berücksichtigt worden ist. Ich will nicht spoilern, aber das wird in der Regierung inzwischen anders gesehen. Ich erwarte eine entsprechende Veränderung im Bereich der Fachkräfteeinwanderung in sehr kurzer Zeit.“
Strukturelle Neuorientierung
Lindner gratulierte zum Auftakt zur Verschmelzung zum Gesamtverband der Personaldienstleister. Das Motto der Veranstaltung, „Gemeinsam wachsen!“, gelte auch für die Politik. Lindner sprach über die Wachstumsschwäche und den Mut zur strukturellen Neuorientierung. „Vor zehn Jahren war Deutschland im globalen Standortranking auf Platz Sechs, es folgte ein Jahrzehnt der Verwaltung und Verteilung des Wohlstands. Wir haben in jedem Jahr über zehn Jahre verloren und sind jetzt auf Platz 22 angekommen.“ Eine Wirtschaftswende sei notwendig – man müsse wenden, wenn man weiterhin spitzenmäßige Standards haben wolle, „und dazu gehören auch spitzenmäßige Leistungen.“ Nicht die Politik sollte den Zeitplan bei technischen Entwicklungen vorgeben, sondern Ingenieure sollten laut Lindner entscheiden, was geht und was nicht, betonte er mit Blick auf die Energiefrage.
Bürokratieproblem
„Wir haben außerdem ein kostenträchtiges Bürokratieproblem. Zu engmaschige Regulierungen sind ein Hindernis auch für die öffentliche Verwaltung“, nannte er Fakten. Lindner: „Kleinteilige Verästelungen der Bürokratie müssen abgebaut werden, um den Aufwand zu senken. Wir gehen in Deutschland einen Schritt voran und werden dann von Brüssel wieder gezwungen, eineinhalb Schritte zurückzugehen.“ Als Beispiel nannte er die europäischen Regulierungen zur Erfassung der Arbeitszeit. Das widerspreche vollkommen dem Streben nach Flexibilität. Er wünsche sich mehr Freiraum für Eigenverantwortung und Subsidiarität. Deutschland brauche mehr Investitionen in Verkehr, digitale Netze und Schulen. Lindner prognostizierte dazu, mit der neuen Digitalstrategie werde Deutschland vor dem Jahr 2030 das modernste digitale Netz haben.
Hoher Wert der Zeitarbeit
Arbeitslosigkeit sei früher oft Anzeichen dafür gewesen, dass die Wirtschaft nicht rund laufe. „Heute ist das Problem der Fachkräftemangel – Zeitarbeit ist ein Frühindikator dafür. Und es ist ein Zeichen dafür, welchen hohen volkswirtschaftlichen Wert die Zeitarbeit als Flexibilitätsreserve hat“, betonte der Minister. Er empfehle der Zeitarbeit Selbstbewusstsein. „Hätten wir dieses Instrument nicht schon, wir müssten es erfinden, um unser Land zu modernisieren“, unterstrich Lindner.
Solidargemeinschaft
Zum Bürgergeld erläuterte er, es werde missverstanden als Derivat eine bedingungslosen Grundeinkommens, aber genau das sei es nicht. Niemand solle nach einem Schicksalsschlag ins Bodenlose fallen, dazu sei die Solidargemeinschaft da. Es sei eine Balance von Solidarität und Anforderung, und die dürfe nicht verletzt werden. Durch die hohe Inflation sei das Bürgergeld entsprechend angehoben worden – es müsse allerdings nachgebessert werden, verwies er auf das Lohnabstandsgebot. Dazu müsse die kalte Progression auch vollständig beseitigt werden, das sei eine Frage der Fairness.
„PR-Kampagne“
Abschließend forderte er: „Wir brauchen eine PR-Kampagne für den Wert der Arbeit selbst.“ Arbeit sei nicht nur eine lästige Quelle von Einkommen. Im Prinzip strukturiere sie den Alltag, vermittele das Gemeinschaftsgefühl sowie Selbstbewusstsein und Stolz. Als Dankeschön überreichte ihm GVP-Hauptgeschäftsführer Florian Swyter einen Klimabaum zum Abschied.
Situation „weniger gut“
Die deutsche Wirtschaft nahm Prof. Dr. Jens Südekum, Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre, Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, in Zeiten der Wende unter die Lupe. Beim Tag der Personaldienstleister sprach er in seiner Keynote vor rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern über „Risiken, Chancen und Handlungsbedarfe“. Südekum bezeichnete die wirtschaftliche Situation in Deutschland als weniger gut, ja schlecht bis peinlich.
Seitwärtsbewegung
Deutschland stehe derzeit auf dem letzten Platz der G7-Staaten. Im Vergleich zu den USA sei dort die Coronalücke wieder geschlossen worden, und die USA sei wieder auf dem Vorkrisenpfad. Der Trend, den wir mal hatten, haben wir nicht erreicht – seit 2018 befinden wir uns in einer Seitwärtsbewegung, stellte Südekum fest. Allerdings mehren sich, so der Referent, jetzt die Zeichen, dass es zu einer Besserung kommen könnte. Vorsichtige Schätzungen bewegen sich laut Südekum im Bereich von 1,1 bis 1,5 Prozent.
Bessere Kauflaune
Triebfedern seien die relativ schnelle Zurückbildung der Inflation und langsam steigende Realeinkommen. Weiterer Faktor sei die Normalisierung der Energiepreise. Insgesamt dadurch bedingt sei die Kauflaune besser geworden. Von einer vielfach befürchteten Deindustrialisierung sei bislang nichts zu sehen. Das Sinken der Industrieproduktion habe 2017 bis 2019 stattgefunden. Die Produktion sei aber über alles hinweg betrachtet stabil geblieben. Bildlich gesprochen wirtschafte eine alternde Bevölkerung mit einem alten Kapitalstock. Wie es weitergehe, bleibe einstweilen offen.
Herausforderung Demographie
Eine der wesentlichen Aufgaben liege auf dem Arbeitsmarkt und da beim Thema Demographie. Mit der Arbeitsmarktintegration Geflüchteter beschäftigte sich Daniel Terzenbach, Vorstand Bundesagentur für Arbeit, und Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Er beleuchtete Möglichkeiten, wie die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Akteuren und der Wirtschaft gelingen könne.
Kompetenz der Zeitarbeit
Das Beschäftigungswachstum habe in den vergangenen Jahren immer bei rund 500.000 Arbeitskräften gelegen – zunehmend seien bei dieser Zahl auch Menschen mit Migrationshintergrund registriert worden. 30 Prozent des Wachstums habe diese Gruppe 2013 ausgemacht. Terzenbach erinnerte an die Flüchtlingszuwanderung ab 2016, ein Drittel habe in der Zeitarbeitsbranche Beschäftigung gefunden. „Allein schon damit haben sie ihre Kompetenz in der Beschäftigung vor Drittstaatlern bewiesen“, betonte das BA-Vorstandsmitglied. Es sei richtig, wenn sich die Bundesregierung Gedanken mache, dass mittlerweile rund 50 Prozent der Geflüchteten in Deutschland bleiben und nicht in ihre Heimat zurückkehren.
Strategien zur Integration überlegen
Jetzt gelte es, sich beschleunigt Strategien zur Integration zu überlegen. Im Vergleich gebe es in den Niederlanden einen großen Integrationsmotor, „und der heißt Zeitarbeit.“ Terzenbach bedankte sich für die tragende Rolle, die die Branche bei der Integration spiele. Jobcenter und Zeitarbeit rücken laut Terzenbach wieder enger zusammen – der Einsatz von Zeitarbeit sei für die Kundenunternehmen eine Gewinn- und keine Risikochance. Er wünsche sich für die Zukunft eine weiterhin extrem gute Zusammenarbeit mit der Zeitarbeitsbranche.