Jürgen Grenz, Geschäftsführer der index Gruppe | © BAP, Foto: Alex Muchnik
Bereits zum vierten Mal hat die Berliner Personalmarktforschung index Research im Auftrag des Verbandsbereichs Personalvermittlung (VBPV) des BAP mit dem „Barometer Personalvermittlung 2023“ eine repräsentative Befragung zu Trends im Recruiting herausgebracht. Hierfür wurden 1.000 Kandidatinnen und Kandidaten, 1.152 Unternehmen und 531 Personalvermittler online befragt. Im Interview geht Jürgen Grenz, Geschäftsführer der index Gruppe, auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes für die Branche ein, der sich immer mehr in einen Arbeitnehmermarkt wandelt.
BAP: Welche Trends sehen Sie für das Recruiting, auf die sich die Branche der Personalvermittler einstellen muss?
Jürgen Grenz: Ein zentraler Trend ist für mich ganz klar die Orientierung an die Kandidatin bzw. an den Kandidaten. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich mehr und mehr zum Arbeitnehmermarkt. Da müssen die Personalvermittler entsprechend agieren: von der Kandidatin und dem Kandidaten ausgehen, diese aktiv platzieren und Stellenprofile im Dialog mit Kundenunternehmen anpassen. Auch mehr Kontakte zu den Kandidatinnen und Kandidaten zu knüpfen und sich besser bei ihnen zu präsentieren, ist ein Gebot der Stunde. Die Studie hat nämlich bei ihnen ein deutliches Informationsdefizit hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Personalvermittlern gezeigt. Die meisten Personalvermittlungen sind aber auf dem richtigen Weg. Ich bin daher zuversichtlich, dass sie die Herausforderungen gut meistern werden.
BAP: Die Studie befragt Kandidatinnen und Kandidaten, Unternehmen und Personalvermittler: Wo sehen Sie größten Übereinstimmungen und wo die meisten Unterschiede?
Jürgen Grenz: Einig sind sich alle drei Gruppen darin, dass Active Placement in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen wird. Unterschiedlich ist jedoch die Offenheit gegenüber diesem Vorgehen. Die Kandidatinnen und Kandidaten sind da sehr offen und wünschen sich durchaus aktive Jobangebote von Personalvermittlern. Dieses Potenzial sollten Personalvermittler unbedingt ausschöpften. Bei den Unternehmen ist die Bereitschaft zu Active Placement bis jetzt verhalten, daher muss hier auf jeden Fall mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Außerdem fällt die Einschätzung von einigen Faktoren zur erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Personalvermittlern unterschiedlich aus. Personalvermittler unterschätzen beispielsweise, wie wichtig ihren Auftraggebern die Kosten und die Transparenz im Recruiting-Prozess sind. Die aktuelle wirtschaftliche Lage zwingt viele Unternehmen dazu, mehr auf die finanziellen Mittel bei der Personalbeschaffung zu achten. Personalvermittler müssen sich dieser Tatsache bewusst werden.
BAP: Herr Grenz, welche Ergebnisse der Befragung haben Sie am meisten überrascht?
Jürgen Grenz: Überraschend fand ich, wie wenig Flexibilität personalsuchende Firmen zum Teil beim Recruiting an den Tag legen. Die meisten Unternehmen leiden unter dem Fachkräftemangel und tun sich bei der Personalsuche schwer. Ein Umdenken findet bei ihnen jedoch, im Gegensatz zu Personalvermittlern, nur sehr langsam statt. Das zeigt sich zum Beispiel im Befragungsteil zur Fachkräftesuche im Ausland. Hier scheinen die meisten Unternehmen zum Beispiel nicht flexibel genug zu sein, wenn es darum geht, bei fachlich geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten über die mangelnden sprachlichen Kenntnisse hinwegzusehen. Auch Active Placement stehen viele Kundenunternehmen bislang ablehnend gegenüber. Hier müssen die Personalvermittler noch mehr Überzeugungsarbeit leisten und ihren Kunden aufzeigen, dass man im Arbeitnehmermarkt von den Kandidatinnen und Kandidaten ausgehen muss.